Mein Temeswar,

gastbeitrag von david mihuța, teilnehmender der schreibwerkstatt.

du hältst in deinen steinernen Armen die Schachtel mit all meinen Erinnerungen.
Alles, was für mich einen Wert hat, schwebt wie ein Gespenst zwischen deinen Mauern. Ich höre noch das Lachen, das Weinen, aber besonders die Stille.
Die Passanten verlieren ihre Gesichter, ihre Umrisse verschmelzen und umzäunen meinen Weg nach Hause. Eine Hupe durchsticht von Zeit zu Zeit die fließende Barriere mit Farben, mit hellen, mit bunten Farben, wie es sie nicht mehr gibt, wie sie nur noch sind in jenen Träumen, die sich ab und zu wiederholen, in denen die Sonne immer scheint.
Ein Spiegel öffnet sich. Ich sehe ein Kind darin spielen. Es hat ein Pflaster auf seinem Arm. Die Erinnerung löst sich auf. Der Weg nach Hause geht weiter.
Deine Gebäude, Straßen und Parks, die ich tagtäglich gesehen habe, scheinen mir fremder als je zuvor. Sie schauen mich ausdruckslos über die gesichtslose Wand an. Die Strecke wird immer länger und zieht an meinem Zuhause vorbei. Sie führt aus der Stadt hinaus… ins freie Feld.
Ich blicke zurück, der alte Weg ist nun ein Faden, der mit jedem Schritt dünner wird, immer dünner, doch nie zerreißt.
Mein Temeswar, du bist nun nicht mehr mein, ich aber werde immer dein sein.

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