piața unirii.

schreibwerkstatt. heute nicht im klassenzimmer des lenau-lyzeums. sondern draußen. habe meine lieblingsschreibübung mitgebracht:

setzt euch an einen platz und beobachtet. schreibt. alles, was ihr seht. was ihr hört. welche wortfetzen? welche sprachen? lasst alles auf euch einwirken. euch davon inspirieren.

domplatz. auch hauptplatz einmal. ungarisch losonczy tér (platz), serbisch трг уједињења. heute rumänisch piața unirii. platz der vereinigung.

wie es in jeder rumänischen stadt beinah einen platz der vereinigung gibt. der an den 1. dezember 1918 erinnert, als nach dem ersten weltkrieg das damalige königreich rumänien (bestehend aus walachei und moldau) mit den provinzen bessarabien, bukowina, banat, kreischland, maramuresch und siebenbürgen zum großkönigreich rumänien vereinigt wurde.

die sonne brennt. frumusețea timișoarei. eine frau klatscht în ihre palme. hände. una la mână. fii atentă! sei vorsichtig, ermahnt die mutter ihre kleine tochter. in rosa gekleidet. mama foame. mami muss dringend etwas essen. wir müssen heute was essen, weil mami keine energie mehr hat. mami nu mai are energie.
sicher bekomme ich sonnenbrand im nacken. wieso trage ich bei dieser hitze schwarz? după aia începe ploaia. dann kommt der regen. sagt der mann am telefon und geht über den platz. rasen. grüner rasen. vor dem dom.
ein barocker platz. bunte häuser und cafés. ein brunnen. ein denkmal. MCMLXXX
entdecke an einer fassade eine römische zahl über dem tor. rechne.
eintausend neunhundert fünfzig plus dreißig. eintausendneunhundertachtzig?
1980 also? kann das sein? das kleine gelbe haus. REN. MCMLXXX renoviert in dem jahr. erinnere mich: der ganze platz wurde in den 80er jahren re-barockisiert.

wolkenlos der himmel. heute morgen hatte es noch geregnet. und der mann am telefon hat wieder regen vorhergesagt. in temeswar musst du immer mitnehmen: sonnencreme und regenschirm.

woran erinnert sich. erinnert eine stadt? die osmanische festung verschwunden. mit ihren geschwungenen gassen. ihren moscheen. den hamams. gewichen den geraden straßen. den breiten plätzen. nachdem prinz eugen von savoyen zwei tage vor den toren gewartet um an seinem geburtstag die festung zu „befreien“. jahrhunderte osmanischer geschichte in den schichten verborgen.

vergisst eine stadt?
vergisst ein ort?
jemals was
einmal
geschehen
dort?

aus SIDY THAL von Thomas Perle

fassadenlos die kaserne, die alte wiener caserne. in der jetzt skulpturen stehen.
das bunte brück-haus. der gelbe barockpalast. heute museum. einst stand der dom in schönbrunner gelb hier. heute in grau beige. gegenüber der serbisch-orthodoxen kirche mit ihrem bischofsheim daneben.
wo an fassaden ein bienenstock abgebildet, war einmal eine bank.

schreibt sich
ein
ereignis
schiebt sich
schicht
um schicht
ein aufgeschichte
dieser stadt.

aus SIDY THAL von Thomas Perle

platz der vereinigung. für die einen vereinigung. für die anderen anderes. trianon. kommt mir in den sinn. erschrecke immer wenn ich an autos mit ungarischen kennzeichen aufkleber mit der alten karte des ungarischen königreichs sehe, diesen nationalismus, der traum von großreichen. 
zum glück ist die piața unirii seit jahren autofrei.

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